Südfrankreich. Das Wort verband ich mit übermäßigem Reichtum, schönen Frauen und gepflegter Strände, High-Society-Cities wie Nizza und Monaco. Doch mit Frankreich verband ich seltsamerweise auch arrogante Menschen, die uns bestimmt niemals in ihren Garten lassen würden, damit wir dort kostenlos schlafen können. Die Franzosen hassen doch die Deutschen, oder nicht? Es klang nach einer Herausforderung, das deutsch-französische Verhältnis neu zu definieren. Auch in meinem Bekanntenkreis äußerten viele Bedenken, dass unser Urlaub in einer Katastrophe enden würde, eben wegen dem teilweise angespannten Verhältnis. Ich kann jetzt schon sagen, dass beide Nationalitäten davon profitierten und auch meine Meinung über unseren Nachbarn im Westen neu geschrieben wurde.
Tag 1: Switzerdütsch
Im Sommer 2010 war es noch schwieriger geworden, Teilnehmer für unsere Tour zu finden. Nicht einmal Schmoitzl, der uns spontan an Ostern begleitet hatte, konnte wegen seiner Arbeit nicht dabei sein. Das würde also eine Tour zu zweit werden. Der Road Captain und der Schlafplatzsucher. Ich traf meinen Kumpel wieder in der Nähe von München und wir starteten unseren Ausflug standardmäßig auf der deutschen Autobahn. So schnell wie möglich raus aus Deutschland und anstelle durch Österreich zu fahren, ab in die Schweiz, um nicht schon wieder den alten Brennerpass fahren zu müssen. Ich kann mich an eine kurvenreiche, gut ausgebaute Strecke erinnern, an die für die Alpenrepublik typischen, niedlichen Häuser, große und grüne Gärten. Für das Auge hat die Schweiz einiges zu bieten. Gegen Abend suchte ich wie immer einen Platz zu schlafen. Ein altes Haus und ein riesiger Garten fielen mir auf und schienen gut geeignet zu sein. Wir hielten vor dem Haus an und ein sehr alter Mann streckte seinen Kopf aus seinem Fenster. Ich fragte ihn, ob wir eine Nacht auf seiner Wiese zelten dürfen. Er antwortete mir, doch verdammt nochmal, ich verstand kein Wort. Redet der überhaupt Deutsch? Er sabberte, wischte sich den Speichel über die Backe und fuchtelte mit seinem Zeigefinger in der Gegend umher. Was er dazu sagte, war in einem fürchterlichen Schweizerdeutsch ausgedrückt, dass wir weder ja noch nein darin erkannten. Wir lasen aus seiner Geste heraus, dass es wohl kein Problem sei. Wir stiegen auf die Moppeds und fuhren auf seiner großen Weidefläche einen Hügel hinunter, um ein bisschen Abstand zu dem alten Kerl zu haben. Er machte uns irgendwie Angst. Nachdem wir unser Zelt aufgebaut hatten, rauchten wir an unseren Pfeifen und genossen die frische Luft. Etwas kalt wurde es, als sich dunkle Wolken über uns ausbreiteten und ein paar Tropfen abließen. Plötzlich stand der alte Knacker neben uns und laberte uns unverständlich zu. Wir glaubten, er wollte wohl unsere Namen wissen. Wir stellten uns vor, er gab uns die Hand und sagte: "Ich bin der Benz, wie Mercedes-Benz". Wirklich lustig dieses alte, kleine Männlein. Trotzdem waren wir froh, als er wieder ging und wir nicht rätseln mussten, was er uns denn so erzählt oder fragt.
In der Nacht war uns etwas langweilig. Wir wollten noch ein bisschen mehr sehen von der Kleinstadt, so stiefelten wir einen Feldweg entlang, immer die Stadtlichter in der Ferne im Blick. Wir kamen an einem elektrischen Zaun vorbei und hatten eine Riesenfreude, diesen zu berühren und den Schlag zu kassieren. Man fühlte sich gleich viel lebendiger. Wir probierten verschiedene Konstellationen, zum Beispiel, ob es einen Unterschied macht, wenn wir uns an der Hand hielten. Wir stellten fest, dass dann nur der zweite den Stromschlag bekam. Nachdem wir also neue physikalische Gesetze gelernt hatten, nahmen wir den Weg wieder auf, um in die Innenstadt zu gelangen. Per Zufall kamen wir an einer Art Bierzelt mit Musik vorbei. Ein Flyer verriet uns, dass hier die Dorfgemeinschaft ein Whiskeyfest veranstaltete. Welch ein Glück! Wir setzten uns an einen leeren Tisch in der Nähe der Bar und bestellten bei der süßen Bedienung Whiskey, der hier zu ganz schön hohen Preisen gehandelt wurde. Wir erweckten irgendwie die Aufmerksamkeit des Mädchens, weshalb sie sich immer zu uns stellte, wenn sie gerade nichts zu tun hatte. Von ihr erfuhren wir mehr über die Schweiz, der Sprache und sie erzählte auch sehr viel von sich selbst. Natürlich war sie begeistert von unserer gerade gestarteten Motorradtour. Leider konnten wir das Mädel nicht davon überzeugen, nach ihrer Schicht bei uns im Zelt vorbei zu schauen. Sie meinte, sie kenne den Eigentümer des Grundstücks und der sei ihr einfach zu seltsam. Trotzdem, wir genossen die Begegnung mit einheimischen Jugendlichen ungemein und verbrachten einen unvergesslichen Abend im Whiskeyzelt.
Tag 2: Geisterdorf
Als wir am nächsten Tag aus dem Zelt krochen, trübte das schlechte Wetter unsere Freude am Tourbeginn. Graue bis schwarze Wolken bedeckten den Himmel, soweit ich sehen konnte und dass sich dahinter die Sonne verbergen soll, konnte ich nicht glauben. Wir packten alles zusammen, doch schnell wurde uns klar, dass es dieses Jahr anders sein wird. Zu zweit auf einer Motorradtour, bedeudet weniger Hektik, weniger Lärm, aber bedeudet es auch weniger Spaß? Den Hinterreifen durchdrehend auf der von Tau bedeckten Wiese rutschte ich den Hügel hinauf und verlor beinahe die Kontrolle über die 250kg zwischen meinen Beinen. Wir verließen das Dorf, indem wir einen steilen Berg hinauffuhren. Es wurde sehr schnell klirrend kalt, so dass ich mir meine Regenkleidung überzog, die aber auf der Spitze dieses Passes nichts helfen sollte. Es war eine fiese Kälte, die es schaffte, sich durch die kleinsten Ritzen zu schleichen, um dort Unheil anzustiften. Mann, waren wir froh, als es auf dem Südhang sehr schnell wärmer wurde. In einer Linkskurve mit einem Ausweichstreifen am rechten Rand hielten wir an, um uns von überflüssigen Klamottenschichten zu befreien. Es war warm, trocken und die Sonne lachte uns an. Das berauschende Gefühl eines guten Tourbeginns stieg uns zu Kopfe und wir vernichteten eine Packung Gummibärchen. Ab auf die Moppeds und Gas geben! Die Reifen hatten Grip und ich gute Laune. Ich wuchtete meine Dicke in die Kurven, mal links mal rechts und zum ersten Mal ließ ich meine neuen Trittbretter auf dem Asphalt entlang schleifen. Wie im Flug kamen wir ohne besondere Vorkommnisse nach Italien. Auch wenn der diesjährige Urlaub Südfrankreich gelten sollte, das kurze italienische Intermezzo tat uns verdammt gut. An einem Supermarkt machten wir Rast und das übliche Festmahl auf dem Parkplatz konnte beginnen.
Zur Feier des Tages kauften wir uns danach eine Schachtel Eis. Leider gab es keine "kleine" Packung, weshalb wir einige Eis am Stiel übrig hatten. Weil es sich nicht rentiert hätte, das Eis bei dieser Hitze aufzubewahren, gab ich die Packung einem schmächtigen Mann, der auf dem Parkplatz neben seinem Fahrrad stand. Er riss mir die Verpackung aus der Hand, holte ein Eis heraus, bedankte sich überaus freundlich und verschlingte den Leckerbissen mit 2 oder 3 Zügen. Das gleiche machte er mit den 3 übrigen Eis, die sich noch in der Schachtel befanden. Chris und ich konnten ihm nur ungläubig zuschauen; immer wieder warf er einen freudigen Blick zu uns hinüber. Als wir dann weiterfahren wollten, hörte ich meinen Tourkollegen aufschreien. Er hatte - wer hätte es anders erwartet - mal wieder einen platten Reifen. Chris fuhr zur nächsten Tanke, um den Reifen noch einmal voll zu pumpen, bevor wir uns auf die Suche nach einer Werkstatt machten. Währenddessen bot mir unser Kumpel mit dem Eis eine Zigarette an, die ich dankbar annahm. Nachdem Chris vom Luft pumpem zurück kam, beschlossen wir, nicht konkret nach einer Werkstatt zu suchen, da der Pneu anscheinend nur langsam an Luft verlor. Mit Hilfe des Navis konnten wir eine Motorradwerkstatt ausmachen, die sich genau auf unserem Weg befinden sollte. Als wir diese erreichten, befanden wir uns vor einem kleinen KTM-Schuppen. Ich konnte Chris' Augen leuchten sehen, bei den kleinen, wendigen Dingern. Der Mechaniker und seine Frau umsorgten uns mit Kaffee und nachdem ein neuer Gummi auf die Felge aufgezogen war, bekamen wir von der Dame jeweils ein schwarzes T-Shirt geschenkt, auf dem in orangefarbener Schrift "KTM Racing-Test 2007" geschrieben war. Oh, wie geil, so ein tolles Shirt habe ich mir schon immer gewünscht, auch wenn ich noch nie eine KTM gefahren habe. Motorradtouren sind einfach genial! Wir zogen den heißen Stoff sofort über und fühlten uns durch und durch wie ein KTM-Testracer. Mit Tempo und neuem Reifen steuerten wir zielgerichtet zu dem Dorf, das wir vorher auf der Landkarte als Schlafstation ausgemacht hatten. Wir bogen rechts von der Hauptstraße ab und sahen zu beiden Seiten leere alte Häuser, mit eingeschlagenen Fenstern. Es fehlten nur noch Strohballen, die über die Straße rollten, dann wäre das ein echtes Geisterdorf gewesen. Im Zentrum fanden wir dann doch noch ein paar bewohnte Wohnungen und bei einem klingelte ich. Die Frau bedauerte, dass sie keinen Garten hat, zeigte uns jedoch hinterm Haus ein öffentliches Fußballfeld. Auf dem Weg dorthin erklärte sie uns, dass im Dorf sowieso keine Bambinis mehr wohnen würden, die uns stören könnten, und wir bitte Abstand zu ihrem Gartenzaun halten sollen, wegen dem Hund. Wir haben das verstanden, obwohl sie nur 2 Worte benutzte "distanze ... pfui! distanze .... pfui!" Endlich mal wieder eine richtige Tour, dachten wir, keine Luxusvillen und auch kein übervoll gedeckter Abenddtisch. Wir vesperten bei einer Flasche Wein und genossen die ruhige Zeit zu zweit.
Tag 3: Meerjungfrauen
Wir wurden am nächsten Tag von kuschlig warmen Sonnenstraheln wach geküsst. In gewohnter Routine packten wir unser Zeug zusammen und schnallten es auf die Motorrräder. Nachdem wir einige Morgenkilometer geschruppt hatten, quälte uns mehr und mehr der Hunger. Wir vesperten in einem typisch italienischen Cafe. Chris nutzte die Gelegenheit und schimpfte mich, in welch schlechtem Zustand meine Kette sei. Wenn er hinter mir fährt, könne er das Schachern und Scheuern der ausgeleierten O-Ring-Version hören, so solle man doch nicht in eine Motorradtour starten. Ehrlich gesagt hatte ich vor der Tour nicht genügend Geld, um dieses Verschleißteil zu wechseln, und so kümmerte ich mich auch nicht um meinen Hinterreifen, der schon über die erlaubte Verschleißgrenze abgefahren war. Wir spannten die Kette etwas nach und stellten uns in der Mittagshitze den typischen langen Hauptverkehrsstraßen Italiens. Am Nachmittag bekamen wir nochmal etwas Hunger, aber nicht nur dieses Problem musste ich lösen. Mein Bart war schon wieder viel zu lang, was zur Folge hatte, dass der Riemen vom Helm mir unangenehme Gefühle am Hals bereitete. Muss ich mich genieren, wenn ich mich auf dem Parkplatz des Supermarktes rasiere? Nein! ich bin auf einer Hardcore-Motorradtour. Sollen doch die sich genieren.
Nachdem dieses lästige Problem aus der Welt geschafft war, konnte ich wieder konzentriert und mit Tempo meinem Road Captain hinterher rasen. Als wir nach Frankreich reinstachen, war unsere Euphorie nicht mehr kontrollierbar. Wir hupten, ganz besonders in den Tunneln, und winkten anderen, entgegen kommenden Bikern zu. Ich empfand es als unglaublich berauschend, wie schnell wir Frankreich knackten. Es war jetzt wirklich nicht mehr weit bis zur Küste! Naja, jedenfalls in unserer Zeit- und Kilometereinschätzung. Chris versprach mir, dass er heute noch an der Cote d' Azur baden gehen wird, was meinen Plan, stressfrei einen Schlafplatz zu suchen, in Luft auflösen ließ. So drehten wir unseren Gasgriff bis zum Anschlag herum und spürten die gewaltige Power unserer Maschinen, wenn jedes Stück Mahlzeit in unserem Magen Richtung Rücken gepresst wurde. Wir eierten elegant die Serpentinen Richtung Strand herunter und wenn wir einen Blick riskierten wurde uns schwindelig, aber nicht wegen der Höhe. Entschuldigt meine wahrheitsgetreue Nacherzählung, aber dort lagen so viele schöne junge Frauen am Strand - mit Oberkörper frei! Das waren sie, die berühmten Meerjungfrauen der französichen Riviera! Ganz sicher! Wir machten es den Badegästen gleich und rissen uns die verschwitzte Motorradkluft vom Leibe und sprangen ins abkühlende Wasser. Nach ein paar entspannenden Minuten auf dem Handtuch liegend, und die Abendsonne genießend, musste ich leider den Spielverderber spielen und daran erinnern, dass ich heute noch einen Schlafplatz suchen muss. Zum ersten Mal in meiner Motorradkarriere in Frankreich. Wir stiegen auf die Rösser und fuhren etwas raus aus der Stadt, was aber gleichbedeudent war, rauf auf den Berg! Große Anwesen, mit Mauer und Fernsprechanlage und natürlich keine Gärten. Stattdessen ausgiebige Hofeinfahrten und fette Autos. Oh Himmel, das kann ja was werden. Mit einem Fetzen Papier, auf dem unser Anliegen in Französich geschrieben war, stand ich vor den Fernsprechanlagen, während sich Chris vor Lachen beinahe in die Hosen machte, wegen meiner offensichtlich schlechten Aussprache. Das erklärte auch, warum vom anderen Ende der Gegensprechanlage mehrmals das Wort "No" ertönte. Wir fuhren zum nächsten reichen Anwesen und kassierten erneut eine Absage. Einmal wollte man uns Geld anbieten, was wir aber ablehnten. Das Unglück dauerte an, bis ich diesen Zettel einem Mann am Gartentor überreichen konnte. Der Mann hatte an diesem Tag seine Spendierhosen an und öffnete das elektrische Gartentor und bat uns herein. Wir stellten die Bikes auf dem Hof ab und durften ihm in sein Haus folgen. Zu seiner unfreundlichen Frau hatten wir nur kurzen Kontakt. Wir stellten uns vor aber danach sahen wir sie den ganzen Abend nicht mehr. Wir hatten das Gefühl, dass die Ehefrau mit der Entscheidung ihres Mannes keineswegs einverstanden war. Da dieses Pärchen keinen Garten hatte, wurden wir ins moderne, stilvoll eingerichtete Gästezimmer mit überragendem Doppelbett und chrom-glänzenden Halogenstrahlern an der Decke, verfrachtet. Vincent bereitete uns in der Mikrowelle Hühnchen und Kartoffel zu, die wir zusammen mit einer kleinen Unterhaltung in Englisch verspeisten. Er fragte mich, woher wir kommen. Als ich Nürnberg erwähnte kam von seiner Seite her betretenes Schweigen. Ja, er kenne diese Stadt ... aus der Geschichte. Wir waren nach diesem ereignisreichen Tag sehr müde und fielen in unser 5-Sterne-Schlafgemach.
Tag 4: Wenn das Misstrauen umgeht
Am Vorabend ist uns von unserem netten Gastgeber klar gemacht worden, dass er und seine Frau am nächsten Morgen wegen der Arbeit nicht zu Hause sein werden. Wir sollen uns so wohl wie möglich fühlen und dann einfach das Haus verlassen, wenn wir ausgeschlafen haben. Tatsächlich war am nächsten Morgen im Haus keiner anzutreffen. Wir nahmen ein Stück Papier, schrieben darauf unsere Dankbarkeit nieder und platzierten diesen im Esszimmer. Hätten wir das nicht gemacht, wäre uns auch gar nicht aufgefallen, dass die beiden einen reichhaltigen Frühstückstisch mit verschiedenen Brotaufstrichen und Cornflakes gedeckt hatten! Auf einem Notizzettel lasen wir "Bonne vacances". Wahnsinn, was für eine unglaubliche Gastfreundschaft und so großes Vertrauen in diese zwei verrückten Deutschen! Wir ließen den Tag heute langsamer angehen, da wir nicht geplant hatten, viele Kilometer zu fahren. Wir fuhren ein bisschen durch Monaco, damit man es eben auch einmal gesehen hat, und suchten uns dann ein niedliches Plätzchen am Strand.
Am späten Nachmittag juckte es uns dann aber doch noch ein bisschen in den Fingern und wir starteten eine kleine Tour ins Gebirge. Vorbei an eindrucksvollen Felswänden und hinein in abgelegene Waldstückchen mit engen aber interessanten Serpentinen. Kurz vor dem Höhepunkt eines Berges kam mir ein Grundstück sympathisch vor und ich entschied mich spontan dort nach Campingerlaubnis zu fragen, auch wenn wir eigentlich noch Zeit gehabt hätten zu fahren. Das alte Pärchen geriet etwas in Panik und lud uns erst einmal auf einen Kaffee ein, solange wir auf deren Tochter warteten, die an der Grundschule Englisch unterrichtet. Diese eigentlich sehr nett wirkende, junge Frau brachte uns wesentlich mehr Misstrauen entgegen, als ihre Eltern. Obwohl sie Englisch perfekt verstand, fragte sie mehrmals nach dem Grund, warum wir bei Leuten im Garten zelten möchten. Sie nahm ein Telefonbuch und wählte Nummern von Ämtern und des Bürgermeisters, da sie ihrer Meinung nach beim Dorfchef oder wem auch immer um Erlaubnis bitten müsse, wenn man Fremde auf dem Grundstück schlafen lässt. Für uns war nicht überprüfbar, ob sie vielleicht aber auch bei Polizeistationen nachfragte, ob zwei kriminelle Deutsche gesucht werden. Wir konnten auch später bei anderen Familien nicht herausfinden, welchen Sinn es gemacht hatte, beim Bürgermeister um Erlaubnis zu bitten. Obwohl die Gegend sehr sicher und friedlich wirkte, wollte man unsere Motorräder in der schmalen Einfahrt hinter das Auto stellen. Das hatte natürlich zur Folge, dass man unsere einzigartigen Zweiräder nicht stehlen konnte, aber genauso wenig hätten wir mit Diebesgut die Einfahrt verlassen können, da das Auto ja davor stand. Wir sind sehr verständnisvoll, wenn unsere Gastgeber Misstrauen hegen und so stimmten wir zu allem zu. Hinter dem Haus befand sich ein sogenannter terrasierter Garten, also ein Grundstück das aufgrund des Hanges mit langen, schmalen Terrassen angelegt wurde. Die Wiese war nicht optimal, um darauf zu schlafen, aber trotzdem duldeten wir keine Möschensprüche. Immerhin war das noch eine Motorradtour und kein Luxusurlaub! Bei gutem französischem Wein und Brotzeit genossen wir die grandiose Aussicht auf dem Berg und erfreuten uns, als die Sonne so langsam hinter den Bergen rot-glühend verschwand. In solchen Momenten werden auch zwei harte Kerle sehr sentimental und wir lobten uns gegenseitig, für diese Art des Urlaubs.
Tag 5: Das erste Mal!
Bevor wir diese Tour starteten, arbeitete ich zwei Wochen in einem Ferienjob, um das nötige Kleingeld zu verdienen. Meine Motivation für die tägliche, körperlich-anstrengende Arbeit schöpfte ich aus dem Radio. Etwa jede halbe Stunde machte der Moderator die Durchsage :"Und dieser Hit läuft gerade live am Strand von Nizza" und spielte dann einen der damals aktuellen Charts an. Hölle! Ich will sofort an den Strand von Nizza, dachte ich mir damals. Ich will dort auf diese geile Strandparty und mit den Franzosen feiern. Ich machte auch Chris wild auf diese Action und deshalb fuhren wir am Tag 5 nach Nizza. Wir fragten hier und da nach der großen Party, doch keiner wusste wovon wir redeten. Auch als wir den kompletten Strand Nizzas entlang fuhren, konnten wir nichts entdecken. Ein Franzose teilte mir dann mit, dass dieses Strandkonzert vor etwa 2 oder 3 Tagen beendet wurde und es momentan keine Strandfeiern mehr gäbe. Oh nein, das traf mich wie ein Schlag ins Gesicht! Hatte ich mich doch schon so lange darauf gefreut! Enttäuscht fuhren wir weiter Richtung Antibes. In der Nähe dieser kleiner Touristenstadt befand sich meine gute Freundin Mona und wir versprachen uns vorher, uns zu treffen, ja sie stellte uns sogar in Aussicht vielleicht auf der Wiese ihrer Ferienwohnung campen zu dürfen. Das wäre doch genial, dachten wir uns, mit Mona und ihren deutschen Freunden ein oder zwei Tage zu verbringen. Ich schickte eine SMS an Mona, ob sie mir die genaue Adresse mitteilen könne und ob wir vorbei schauen dürfen. Dann ging ich mit Chris an den Strand von Antibes und wir genossen die angenehme Wärme und entspannten uns im Wasser. Uns fiel eine Dreiergruppe Mädchen auf. Eine davon saß im Rollstuhl und wurde von den beiden anderen an den Strand in die Nähe des Wassers gekarrt. Chris bekam Mitleid mit ihr und bot ihnen an, das durchaus süße Mädel ins Wasser zu tragen. Als er sie hochnahm, fielen mir ihre dürren, schlaffen Beine auf, wie sie in Chris' Armen herunter taumelten. Anscheinend war sie hüftabwärts gelähmt. Ich checkte regelmäßig mein Handy, doch von Mona erhielt ich keine Nachricht . Da wir uns sicher waren, dass wir bei Mona und ihren Freunden willkommen wären, machten wir uns nicht auf die Suche nach einem Schlafplatz. Als sie dann endlich antwortete, mit einer Absage und einer sehr seltsamen Begründung, war es schon zu spät geworden und das große Unglück nahm seinen Lauf. Chris und ich eilten aus der Stadt, sprangen in einen Supermarkt, um Abendbrot zu besorgen und fuhren aufs Land hinaus. Die Sonne ging schon unter und ich sah meine Chancen auf einen Schlafplatz verschwindend gering werden. Wir fragten bei wirklich sehr vielen Familien, aber die Häuser rund um Antibes sind zu groß, die Leute zu reich und daher zu ängstlich. Ich kann mich jetzt natürlich nicht mehr an alle 30 befragten Familien erinnern, aber ein süßes Mädel und ihre Mutter blieben mir in Erinnerung. Die Tochter verstand gut Englisch und ihrem Gesichtsausdruck und ihrer Gestik zufolge, legte sie sich mächtig für uns ins Zeug, damit die Mutter die Erlaubnis erteilt. Diese jedoch fühlte sich zu sehr bedroht, da ihr Mann auf Geschäftsreisen unterwegs war. Mit besorgten Augen schaute das nette Mädchen dabei zu, wie wir enttäuscht auf die Motorräder stiegen. Die Sonne ging nun endgültig unter und wir beschlossen noch weiter ins Inland zu fahren. Vielleicht haben wir trotzdem Glück. Nachdem wir in der Nacht weitere Familien gefragt hatten, und uns auch die Polizei keinen Campingplatz nennen wollte (sie waren sehr unfreundlich, vielleicht mochten sie keine Deutschen), gaben wir die Suche nach einem kostenlosen Schlafplatz auf und machten uns auf den Weg, einen öffentlichen Campingplatz zu finden. Mit Hilfe von Chris' Navi und einigen Passanten fanden wir auch einen. Er hatte eigentlich schon geschlossen, doch der Sicherheitsbeamte war auch gerne bereit das Geld für eine Nacht anzunehmen. Und so bezahlten wir zum ersten Mal für eine Camping-Erlaubnis und hatten dann noch nicht einmal eine Wiese unter dem Rücken, nein es war ein schottriges, unebenes und unbequemes Drecksfeld! Danke Mona, dass du uns nicht früher Bescheid gegeben hast.
Tag 6: Marie, du nette Frau!
Mit unangenehmen Druckstellen am Rücken krochen wir am nächsten Morgen aus dem Zelt und schworen uns, nie wieder so spät auf Schlafplatzsuche zu gehen. Generell waren wir genervt von den reichen Schnöseln an der Küste und wir erhofften uns mehr Spaß, wenn wir die Richtung ins Inland weiter fortsetzen würden. Chris programmierte sein Navi auf "kleine Straßen" um, was zur Folge hatte, dass es uns auf kleine kurvige Serpentinen schickte. Die Straßen wurden immer enger, immer steiler den Berg rauf und teilweise lag auf der Straße auch etwas Schotter und Dreck, was es für mich als Chopperfahrer unangenehm machte, darauf zu fahren. Irgendwann ging es nicht mehr weiter, obwohl die Karte auf dem Navi einen Weg anzeigte. Zur Mittagssonne machten wir Rast und genossen auf dem Berg die tolle Aussicht. Wir hatten dort oben so viel Privatsphäre, so dass wir uns jeglicher verschwitzter Kleidung bis auf die Boxershorts entledigten. Wir rauchten ein paar selbstgedrehte Zigaretten und hatten eines unserer tollen Männergespräche über Zukunft und Pläne.
Irgendwann machten wir uns wieder auf den Weg und fuhren die schmale, kaputte Straße hinunter. Leider machte Chris an diesem Tag nicht so viele Bilder, weshalb ich mich jetzt nicht mehr daran erinnern kann, was wir erlebten. Wegen der schlechten Erfahrung von gestern, fing ich viel früher an, nach einem Schlafplatz zu suchen. In Saint-Jeanett sah ich eine kleine Frau vor ihrer Einfahrt den Gehwerk kehren. Ich stoppte neben ihr, blickte in ihr lachendes Gesicht und zückte meinen Zettel, auf dem unser Anliegen auf Französisch geschrieben stand. Die Frau stellte sich als Marie vor und hieß uns herzlich willkommen. Ihr kleines Haus befand sich auf einem Hang, weshalb sie keinen Garten hatte. Von ihrem Grundstück ab, verlief eine Treppe den Hang hinunter. Wir folgten ihr und sie erzählte, dass sie jenes Anwesen verkauft habe, der neue Besitzer aber erst in 2 Tagen anreisen würde. Wir durften also hier auf ihrem alten Grundstück campen und sollten in etwa einer halben Stunde bei ihr weiter oben am Hang im Garten zum Abendessen erscheinen. Da sie gebürtige Italienerin war, verköstigte sie uns mit Spaghetti und servierte Wein und Bier. Die Unterhaltung mit ihr war enorm schwierig, da sie kaum Englisch sprach, wir nur ein bisschen Italienisch. Auch der Französisch-Duden, den wir dabei hatten, machte uns Probleme, da sie wiederum schlechte Sprachkenntnisse im Französischen hatte. Trotzdem fanden wir heraus, dass sie in ihrem Haus einen Kindergarten betreibt und sie erzählte Geschichten ihrer Familie. Sie brachte uns so viel Gastfreundschaft entgegen, so dass wir uns sicher waren, wir würden am nächsten Morgen mit ihr gemeinsam frühstücken dürfen.
Tag 7: Gaudi auf der kurvigsten Straße Südfrankreichs
Tatsache! Wir gingen morgens die Treppe zu Maries Grundstück hoch und die gute Frau war schon wach, da einige Eltern bereits ihre Kinder zur Betreuung vorbei gebracht hatten. Mit den Worten "Good Morning, coffee?" bot sie uns Sitzgelegenheit auf der Terrasse an. Der heutige Tag war sehr schön, wolkenfrei und die Sonne lachte. Ihre Tochter Claudia, die in der Nähe wohnt, kam während des Frühtücks vorbei und wir hatten auch die Gelegenheit kurz mit den Eltern, die dort ihre Kinder vorbei bringen, zu reden. Wenn diese ein oder zwei deutsche Worte sprechen konnten, wollten sie es uns auch unbedingt zeigen. Wir alle mussten viel lachen. Mit Hilfe von Claudia machte uns Marie klar, dass sie uns für heute Abend eine zweite Schlafgelegenheit im Dorf organisieren wird. Claudia überreichte uns einen Schmierzettel, auf dem eine Wegbeschreibung notiert war. Diese Strecke sollten wir unbedingt abfahren, aber bis 17 Uhr wieder zurück kommen. Derweil konnten wir unser Gepäck bei Marie im Garten lassen. Da es mir sehr schwer fällt, diese atemberaubende, kurvenreiche Strecke, die teilweise durch Wald, teilweise an steilen Felswänden vorbei führte, in Worten zu beschreiben, lasse ich im Folgenden Bilder sprechen, die mein Kumpel Chris teilweise unter der Fahrt geschossen hat.
Durch all diese Kurven wuchtete ich mein Dickschiff bis zum Anschlag, so dass Fußrasten und Ständer auf dem Asphalt schliffen und Funken schlugen. Da diese Strecke aber so viele Kurven hintereinander enthielt, schliff ich mir unbemerkt die Ständereinzugsfeder ab. Auf gerader Strecke hörte ich plötzlich etwas schleifen. Ich war von dem Geräusch sofort sehr schockiert und hielt an. Als ich meinen Ständer rausstellte, fiel mir sofort auf, dass dieser sich leichter als normal ausfahren ließ. Ich hatte mir doch tatsächlich jene Feder abgeschliffen, die den Seitenständer unter der Fahrt eingezogen halten soll. Chris und ich tüftelten, wie wir dieses Problem lösen könnten, da ich mit dauernd-schleifendem Ständer nicht mehr weiter fahren wollte. Nachdem eine Konstruktion mit einem Gummispanner nicht halten sollte, probierten wir es mit Klebeband. Ich musste dann zwar immer mit der Hand den Ständer vom Klebeband lösen (oder ans Klebeband wieder anbringen), aber immerhin blieb er eingezogen. Danke Chris, du trickreicher Schrauber! Wie abgemacht, erreichten wir Maries Einfahrt um 17 Uhr. Wir tranken ein Tässchen Kaffee und kamen nochmals mit einigen Eltern, die jetzt ihre Kleinen wieder abholten, in Kontakt. Sie hatte eine Überraschung für uns, und so befahl sie uns, all unser Gepäck in ihren VW Käfer einzuladen und ihr mit den Bikes hinterher zu fahren. Zusammen mit Marie besuchten wir die örtliche Weinbrennerei.
Wir verweilten eine Weile, als sie uns die nächste Überraschung verkündete. Wir fuhren nun zu ihrer Schulfreundin Christine, die bereit war uns in ihrem Gästehäuschen im Garten unterzubringen. Dort befand sich ein bequemes Bett und wir konnten unser Gepäck sicher verstauen. Als dritte Überraschung des Tages wurden wir von den zwei junggebliebenen Damen zum Essen beim Italiener eingeladen. Auf dem Weg dorthin telefonierte ich mit meiner Cousine Myriam, die Verwandte in Frankreich hat, die ich auch schon einmal kennen lernen durfte und mir damals versicherten, ich sei jederzeit herzlich willkommen. Nachdem ich mir die Nummer mitteilen ließ, und auch den Umweg über Besancon mit Chris absprach, organisierte ich dort unsere letzte Schlafmöglichkeit, bevor es endgültig heim gehen sollte. Ich spielte schon länger mit dem Gedanken meine Bekannten in Frankreich wieder zu sehen und es freute mich sehr, als es so aussah, dass es klappen könnte, wenn dies auch bedeutete, dass wir an unseren letzten drei Tagen weit mehr Kilometer fahren müssten, als üblich. Im Restaurant hatten wir eine sehr angenehme Unterhaltung mit Christine und wir lauschten gespannt, wenn die beiden ihre Schulmädchenstories auspackten. Bei traumhafter Aussicht und noch besserem Sonnenuntergang ließen wir den Tag bei Pizza und Rotwein zusammen ausklingen. Chris und ich waren überwältigt von der Gastfreundschaft von zwei Frauen, die wir ja eigentlich gar nicht kannten. Scheiße, das ist schon wieder so ein geiler Urlaub! Auf Christines Terrasse schmissen wir unsere Zigarren an und besprachen die Touren für die nächsten drei harten Tage, die uns an unsere Grenzen bringen werden.
Tag 8: Mittagspause in der Steppe
Bevor wir zu Bett gingen, hatte uns Christine mitgeteilt, dass wir unser Frühstück bei Marie serviert bekämen, da sie morgens keine Zeit haben werde. Also packten wir in gewohnter Manier unser Zeug auf die Mopeds und fuhren zu Marie zurück, die uns schon erwartete. Wir hatten aber leider nicht allzu viel Zeit, da wir uns einige Kilometer aufgehalst hatten, mit der Entscheidung meine Bekannten in Besancon zu besuchen. Zu unserer vollsten Überraschung überreichte uns Marie jeweils ein fett belegtes Sandwich und zwei Erfrischungsgetränke, während ihr die Tränen in die Augen standen. Wir wurden ganz fest von ihr gedrückt, bevor wir dann endgültig ihre Einfahrt verlassen durften. An diesem Tag ging es sehr hektisch voran. Chris wählte per Navi eine schnelle Route, damit wir auch ja die erforderlichen 400 Kilometer auf die Reihe kriegen würden. Viele Erinnerungsfotos habe ich von diesem Tag leider nicht. Das Navi führte uns dann trotzdem durch einsame, eindrucksvolle Gebiete. Dort, wo man dachte, es gäbe keine Zivilisation mehr, durchfuhren wir dennoch kleine, niedliche südfranzösiche Dörfer mit ihrem berühmten Charme. Die Gegend war sehr trocken und sah daher teilweise steppenartig aus. An einer Stelle mit fantastischer Aussicht machten wir kurz Rast und genossen die von Marie beschmierten Sandwiches.
Wir mussten uns dennoch beeilen und so stiegen wir wieder auf die Maschinen auf. Mit Tempo heizten wir durch die Kurven und kamen abermals in sehr gebirgiges Gebiet, wahrscheinlich irgendein Randzipfel der Alpen. Die Temperatur fiel schlagartig im kühlen Wald ab und wir fröstelten etwas. Die Frage, wo wir heute abend schlafen werden, beschäftigte mich abermals den ganzen Tag und ich konnte es bald kaum noch aushalten. Zu unserem Glück sahen diese Häuser nicht mehr so reich und prunkvoll aus, die Gärten waren weitläufig und eben. Es hätte mich schon sehr gewundert, wenn wir in dieser Region keine kostenlose Unterkunft gefunden hätten. Bei einem netten Haus mit hohem, weichen Gras im Garten klingelten wir. Das alte Ehepaar verstand etwas Englisch und war sogar positiv überrascht von unserer Anfrage. Wir durften unser Zelt aufschlagen, wo auch immer wir wollten und hatten danach wie zu den guten alten Bikerzeiten eine Brotzeit im Garten. Von unseren Gastgebern wurden wir abends noch zum Frühstück am nächsten Tag eingeladen, mehr Kontakt hatten wir zu ihnen leider nicht.
Tag 9: Endlich Party mit den Franzosen!
Mit einem freudig-aufgeregtem Gefühl stand ich an diesem Morgen auf, denn wenn alles gut geht, dachte ich mir, werden wir heute bei meinen Bekannten ankommen. Doch zuerst durften wir ja bei dem alten Ehepaar im Haus vorbei schauen, um mit ihnen gemeinsam zu frühstücken. Die Frau entschuldigte sich mehrmals, dass sie uns gestern nichts zu Essen anbot. Dieses Haus sei nur ihr Wochenendhaus, wir hätten Glück gehabt, dass sie überhaupt da waren, aber leider war nicht mehr genügend Essen für vier Personen übrig. Sie hätte auch ihren Mann noch zum Supermarkt geschickt, aber dieser hatte ja auch schon geschlossen. Chris und ich können es wirklich nicht leiden, wenn unsere netten Gastgeber ein schlechtes Gewissen haben. War doch die Campingerlaubnis Gastfreundschaft genug! Auch heute hatten wir mehr Kilometer als normal zu fahren, ließen uns aber dennoch nicht aus der Ruhe bringen, da wir ja bereits eine feste Zusage meiner Bekannten hatten, dass wir dort übernachten dürfen. Durch schöne Landschaften führte uns der Zufallsweg per Navi und wir hatten sogar Zeit, um ein paar Bilder zu schießen, wenn Chris die lange, gerade Strecke angerast kam.
Auf die Plätze, fertig los! Auf der langen, geraden, gut einsehbaren Strecke lieferten wir uns ein kurzes Rennen, wenn auch im Vornherein schon klar war, dass Chris mit seiner Enduro den kurzen Spurt gewinnen wird. In dem kleinen Dorf in der Nähe von Besancon fragten wir einige Passanten nach dem großen Hofgut, wo meine Bekannten wohnen. Man erwischt leider nicht zufällig den richtigen Feldweg, der zu ihrem Haus im Nirgendwo führt, man muss sich schon durchfragen. Dort angekommen wurden wir herzlichst von Gabi, ihrem Mann und den drei netten Kindern Anne, Lisa und Matthias empfangen. Die Familie spricht sehr gutes Deutsch, weil die Mutter Gabi gebürtige Österreicherin ist. Zusammen mit ihnen machten wir ein Feuer im Garten zum Grillen, zuvor aber bat man die starken Biker Holz aus der Hütte klein zu schlagen, was wir sehr gerne gemacht haben. Zu später Stunde, nachdem die Eltern zu Bett gegangen waren, saßen wir mit den drei Jugendlichen auf der Terrasse und erwarteten sogar noch zwei gute Freunde der Geschwister. Matthias stellte eine ordentliche Auswahl an verschiedenen Spirituosen auf den Tisch und unsere spaßige Nacht konnte beginnen. Allerdings möchte ich hier die Berichterstattung unterbrechen, man muss ja nun wirklich nicht alles im Internet erzählen. Eines darf ich aber noch verraten: Um 2 Uhr morgens schrie der Vater verärgert vom Balkon herunter, wir sollen doch endlich leise sein. Diese Nacht mit den Franzosen war der Höhepunkt aber auch ein gelungener Abschluss dieser abermals gewaltig spannenden Motorradtour!
Tag 10: Au revoir la France!
Mit dickem Schädel standen wir am nächsten Morgen auf und bemühten uns, aus meiner nun noch mehr verschlissenen Kette das letzte bisschen rauszuholen, damit sie den Höllenritt auf der Autobahn überstehen würde. Wegen dem Umweg über Besancon hatten wir nun keine Zeit mehr, über schöne Landstraßen zu fahren, sondern mussten den direkten und schnellsten Weg wählen, um am letzten Tag unserer Tour noch abends daheim anzukommen. Nach einer herzlichen und ausgiebigen Verabschiedung mit der Familie starteten wir die Bikes und heizten auf die französische Autobahn. Kurz hinter der Grenze mussten sich unsere Wege trennen, also hielten wir ein letztes Mal auf einem Rastplatz an. Zusammen rauchten wir auf der Parkbank eine selbst gedrehte Zigarette. Wir hinterließen den Tabak, die Filter und die Drehpapiere auf dem Tisch, mit der Vorstellung, irgendeiner wird es finden und damit glücklich werden. Bevor wir also beide getrennt unsere gut 450km lange Heimreise antraten, mussten wir uns voneinander verabschieden, was gar nicht so leicht war, da diese Hammertour uns ganz schön zusammen geschweißt hatte. Sowohl unsere Meinung über Franzosen als auch das deutsch-französische Verhältnis wurde - zumindest im Kleinen - neu geschrieben und wir wünschen allen Gastgebern und allen anderen Leuten, die uns anderweitig weitergeholfen haben, ein langes, gesundes und glückliches Leben!